Frederique Taiqulin

Frederique Taiqulin, 2005

Dreck?

Puhh, war ganz schön anstrengend die engen Bergstraßen lang mit dem ungewohnten Motorrad. Konzentriert und ein wenig steif, weil sie ihren Körper noch nicht lockern konnte während des Fahrens und weil sie ein wenig Angst hatte zu stürzen in der engen Kurven irgendwo auf der schwäbischen Alb. Ja, sie hatte von ihrem Fahrlehrer Vorsicht eingebläut bekommen, was auch sonst und sie versuchte sich an seine Anweisungen zu halten auch mit ihrem Mottorad, das sie gebraucht erstanden hatte in einem seltsamen Hinterhof mir italienischem Akzent und griechischem Verkäufer. Stand noch gut da die Maschine und nach einer kleinen Inspektion war sie auch beinahe wie neu zu fahren.


Man muß sich eben an jedes neue Gefährt gewöhnen dachte sie und ging ein wenig vom Gas, um sich in die folgende Haarnadelkurve einer Serpentine hineinlegen zu können. Aber das hier war doppelt schwer. Das erste mal nach ihrer Führerscheinprüfung auf einer noch ungewohnten Maschine – immerhin war Sonne.


Ein Bussard beobachtete das rote Gefährt da unten. Zu groß für eine Maus zu schnell für ein Reh und fragte sich, was das wohl genau sein mochte. Man erzählte sich, daß diese Dinger, die man flapsig Metallmenschen nannte, denn was Metall war wußten sie, die Tiere von den Dächern, den Metallernen Gullideckeln, den Kaminverschlägen und den seltsamen Resten, die sie immer wieder im Wald fanden, man erzählte sich, daß sie sich aufspalten konnten in einen Menschen und ein Metallteil und daß sie einen schrecklich schlechten Atem hätten. Der Bussard sah das Ding beschleunigen auf einer Geraden und machte sich auf, echte Mäuse zu suchen für seinen Nachwuchs, der irgendwo in einem Horst schlummerte.


Na, die Steigung mit den Serpentinen war geschafft. War gar nicht so ohne, aber immerhin waren sehr wenig Autofahrer unterwegs hier und heute. Sie hatte sich einen Werktag ausgesucht, irgendwann am frühen Nachmittag, wenn Menschen oftmals traurig irgendwo in grauen Gebäuden ihrer seltsamen Tätigkeit nachgehen und nur wenige die Zeit aufbringen würden, sie bei ihrer Feuertaufe zu behindern. Gewöhnen wollte sie sich, vor dem Ausflug nächstes Wochenende. Einfach sicher wollte sie dann sein, nicht durch irgendwelche unsicheren Fahrmanöver auffallen oder sie begründen können. Also weiter dem Berg wieder hinunter und dann irgendwo da unten sollte ein Parkplatz sein um kurz anzuhalten und die Strecke revuepassieren zu lassen, die gemachten Fehler zu analysieren und in Gedanken das alles nochmals durchzugehen. Der Parkplatz war leblos, einsam um diese Zeit – es hatte noch niemand die Freiheit im Wald spazieren zu gehen oder anzuhalten, um ein wenig Ruhe zu finden oder ein wenig Schatten unter den Bäumen entfernt von den Menschen, vielleicht sich zu lieben auf einer Lichtung entfernt von allen Problemen oder den Wald zu durchstreifen, wie die Kinder, das knirschende Laub und die Äste, Tiere zu sehen vielleicht. So viele Gründe können einen dorthin bringen auch die erste Mottorradfahrt allein.


Sie setzte den Helm ab und sich auf eine dieser grünbraunen aber ausnahmsweise mal sauberen Waldbänke und lies den Film ihrer Fahrt ablaufen – wo bin ich unsicher, was kann passieren wenn – Hmm, wenn ein Auto zu eng überholen würde in dieser engen Kurve und was würde ich tun, wie ausweichen? Ein roter Sportwagen fragte sich, warum alle Gefährte Rot sein müssen in dieser Geschichte und änderte seine Farbe plötzlich und unerwartet für den Fahrer, der sich ja absichtlich ein rotes Auto gekauft haben mußte in Schwarz und fuhr die Serpentinen hoch, die Gerade entlang in Richtung Parkplatz, wo er anzuhalten gedachte, um seinem Fahrer einen Anruf zu gestatten, denn das Telefon – es war rot, da es ja zum Auto passen mußte, es jetzt aber nicht mehr tat, war unter den Beifahrersitz gerutscht und klingelte wild vor sich hin. „Dreck“, entfuhr es dem doppeltgeschockten Fahrer, der nun zuerst über die Farbe eines Wagens nachdachte, dann über das Gespräch, oder eher über den kommenden Gesprächspartner, oder die Partnerin, was eher zutraf, er aber noch nicht wußte.


Der Sportwagen sagte ein abschließendes „Quiiiiik“ zu seinem Fahrer bevor er anhielt und auf Schlüsseldrehung, er war ja ein gehorsamer Sportwagen, den Motor ausschaltete, nicht ohne sich über diese seltsame Frau zu wundern, die dort drüben auf der Bank saß mit geschlossenen Augen und sich irgendwie in Kurven zu legen schien – rechts, links, links, gerade – gibt es überhaupt gerade Kurven?


Als er die Augen geschlossen hatte, der Sportwagen, wurde sein Fahrer hektisch und suchte nervös unter dem Beifahrersitz nach dem Klingelton, ergriff ihn und brachte ihn mit einer ausladenden Handbewegung an sein Ohr – zu spät – im rechten Gehörgang verstummte das letzte Klingeln und das Display zeigte nur ein schlichtes „UNBEKANNT“, was dafür stand, daß sein Gegenüber nicht zurückgerufen werden konnte, da die Identifikation desseleben, oder eher derselben, nicht nach technischem ermessen durchgeführt werden konnte.


Aber was hindert denn uns nun auf die andere Seite der Leitung zu schauen, wo eine plattgesichtige, aber dennoch sehr hübsche bebrillte Blondine den Hörer wütend auf die Gabel knallt und ein: „Dreck“ herausquält in einer durchaus sympathischen Stimme. Sie hatte nun schon siebzehn mal versucht den Besitzer des Telefons zu erreichen, immer wieder auf die Mailbox gesprochen – es war genug, sie beschloß, daß es aus war. Was kann sie sowieso mit einem solchen Nichtsnutz anfangen, der nur in der Welt herumspinnt. Keinerlei Bezug zur Realität ein Luftikus, ein elender – ach wasweißich.


Doch beamen wir zurück auf einen Parkplatz irgendwo auf der Alb, eine sich konzentrierende Frau, gerade einer engen Linkskurve liegend, einen nervösen Mann in einem ro.. nein schwarzen Sportwagen und einem kleinen Wiesel, das eigentlich gar nicht hierhergehört, jedenfalls nicht in diese Szene und außerdem unbedingt in einer anderen Geschichte gebraucht wird, in einer Fabel, die irgendwie so losgeht: Ein Wiesel war wieder einmal alleine geblieben in seinem Wald und dachte an eine Höhle...


Es guckte ein wenig verdutzt, daß es plötzlich hier auf diesem Parkplatz erscheinen mußte vor zwei dieser garstigen Wesen, Menschen oder so und beschloß so plötzlich, wie es gekommen war wieder zu verschwinden und zwar zurück in den Wald – es zerbiß noch vorher ein kleines Kabel an diesem verlockend aussehenden warmen Motor – manchmal kann man eben auch als Wiesel nicht widerstehen – und rannte um sein Leben.


Woraufhin ein genervter Sportwagenfahrer noch genervter wurde, denn ein ehemals wunderbar weich laufender und wunderschön klingender (mit original Soundpaket natürlich) Wagen auf einem Parkplatz im Wald seinen Geist aufgab und nur noch ein leises Glucksen äußerte.


Jetzt aber wird es kompliziert zu erzählen, denn das Wiesel wie gesagt gehörte ja gar nicht hierher und ohne es wäre der Sportwagenfahrer doch einfach so weggefahren, die Frau auf der Bank hätte ihre Kurven beendet und alles wäre seinen gewohnten Gang gegangen oder eher gefahren. Also lassen wir eben alles beiseite, was hätte sein können, wäre ja auch zu schön und unkompliziert gewesen, aber die Ungereimtheiten dieser Welt....


Er stieg aus, der Fahrer, der des Sportwagens natürlich, und schaute unter seine Motorhaube, wo er nur irgendwelche fließenden Säfte fand und er dachte an Blut – er verblutet – Notarzt, ein Notarzt muß her – also das Telefon, das nun leise piepste und mit einem roten Warnlämpchen Akkunotstand anzeigte. „Dreck, DRECK!“.


Das weckte eine Frau aus der Trance eines Fehleranalysefilms und einen Bussard, den wir vergessen hatten, denn duch das letzte laute „DRECK“ wurden die Mäuse aufgeschreckt um diesen Parkplatz und huschten nun, immer Deckung suchend, weiter in den Wald, weg von der Stelle, an der man soo einfach Nahrung fand, hin zu sichereren Plätzen und ein Bussard lies sich fallen, schnappte sich eine Maus, schluckte kurz und flog zu seinem Hort – manchmal waren diese Menschen doch zu was nütze.


Aufgewacht mit einem Filmriß der ganz eigenen Art, eher einer Unterbrechung, denn sie konnte ihn ja wieder fortsetzen, wollte das auch, aber dieser seltsame Mann da drüben lief wild um den Wagen herum. Sie lächelte, denn sie verstand ja nicht, was der da so fluchend zu betanzen schien – wie mit einem Regentanz oder Sonnentanz oder eben Autoreperaturtanz – letzterer immer ohne Hoffnung – ein Mechaniker wäre besser – aber oft getantzt von frustrierten Autofahrern, die sich dann abschleppen lassen müssen.


Sie ging langsam hinüber und fragte mit einer eher flüsternden Stimme vorsichtig: „Kann ich helfen?“


Also dafür, daß das Schicksal etwas anderes vorhatte und nur ein Wiesel und vielleicht unser verlassen des Standortes und das plötzliche zurückkehren, vielleicht eben wir selbst die Wendung erzwungen hatte, kam es reichlich überlegt. Spontaner wäre in dieser Situation ehrlicher gewesen, meine Dame, aber lassen wir dieses Geplänkel, der Wille zählt und den hatte sie ja gezeigt.


„Können sie mich ins nächste Dorf fahren?“, er hatte eine ruppige Stimme jetzt, so wie er auch ruppig erschien in seinem auftreten, aber sie entschuldigte das, denn sie hatte mitbekommen, daß eben sein Auto kaputt war und er nicht wußte warum und daß es blutete und Hilfe brauchte. Also den ruppigen Typ aufgeladen – nein – nur ein Helm! Wie soll man denn da helfen? „Also wieder runter“, dachte sie sich. „Ich kenne eine Abkürzung durch den Wald!“, dachte er sich.


„Wir können nicht die Straße entlang – ich habe keinen zweiten Helm!“, sagte sie.


„Ich kenne eine Abkürzung durch den Wald!“, sagte er und sie fuhren den Feldweg entlang, der niemals aufzuhören schien.


In diesem Moment erreicht ein Bussard seinen Hort, würgt eine tote Maus stückweise heraus, um sie zu verfüttern und stillt den Hunger seiner Jungen, wovon eines irgendwann in naher Zukunft gefangen werden würde und den Rest des Lebens bei einem – ach das spielt doch keine Rolle.


Ein Motorrad stürzte über einen seltsam im Feldweg liegenden Ast bei ca. zwanzig und ließ sich einigermaßen abfangen. Der Ast krächzte kurz, schrie dann auf und brach einem verdutzt auf dem Boden liegenden wobinicheigentlich Gesellen ins Gesicht, wo er einen kleinen aber schmerzhaften Kratzer hinterließ. Eine Narbe würde bleiben und das Gesicht reifen lassen, denn es war noch zu jung für das Leben.


„Iss was passiert.“, fragte die zweite Gestalt mit einer sorgenvollen Mimik.


„Nein, geht schon, nur ein Kratzer –fahren wir weiter.“


Der zweite Ast meinte es nicht so gut und weigerte sich zu brechen. Ein paar Schrammen, ein wenig Wehklagen und eine Delle im Tank waren die Folge.


„Ich ersetze ihnen das“


„Spielt keine Rolle“, waren die Worte, doch sie konnte ihr innerliches Kochen kaum unterdrücken – war erst zwei Tage her, seit sie sie bekommen hatte.


Der Wald entschloß sich in Felder überzugehen und der Weg in einen asphaltierten, das holpern in ein Fahren und die Wut in Erleichterung. Warum nur mußte sie diesem Schnösel helfen und wegen ihm auch noch die Maschine ruinieren. Sie fluchte leise vor sich hin und der Fluch entschloß sich, wie gesagt, zur Erleichterung zu werden, denn die Geschichte war ja sowieso nicht die der Frau und des Motorrades, sondern die der zweiten Bahn, des Parallelen, des Asynchronen. Jetzt fragte sich die Zeit, ob sie den richtigen Weg gelaufen war, fragte sich, ob denn dies die Abfolge der Dinge sein mußte oder ob vielleicht irgend etwas, ein Zauber, ein Gedanke oder auch nur ein fallendes Blatt die Welt in diese falschen Bahnen gedrängt hatte oder sie beschenkte, denn es ist nicht nachvollziehbar, was der andere, der wirkliche Weg gebracht hätte. Doch sehen wir, was dieser Weg den beiden beschert.


Die zeit tickte nun nicht mehr in ihrer gewohnten Geschwindigkeit, denn sie war ja nachdenklich geworden und sie tickte nicht mehr leise, sondern im Herzschlag einer Frau, die gerade noch bremsen konnte, als ein LKW zu schnell und unachtsam an der Einmündung des Waldweges zur Straße die Spur wechselte um eine Kurve zu schneiden. Schnell also tickt die nachdenkliche Zeit und schnell lag eine fast neue Maschine im Graben neben der Straße und versank leise im ticken der Zeit im Morast des Regens der letzten Tage. Zwei Gestalten, die sich weigerten miteinander zu sprechen trabten in Richtung der Ortschaft, denn sie war zu schwer und es war zu morastig, als daß man sie hätte retten können ohne maschinelle Hilfe. Jetzt wurde sie wieder schneller, die Zeit, die schneller tickt, je langsamer sie vergeht, das heißt eines Menschen Herzschlag wurde langsamer, gewohnt in seiner Geschwindigkeit und Sie fühlte sich ausgenutzt, leer und verlassen vin aller Welt.


Der Bussard sah nun, daß sich das Metall vom Menschen getrennt hatte und setzte an, es, denn er wußte nur zu gut, daß es ihm ohne seine Symbiose mit einem menschlichen Wesen nichts anhaben konnte, zu untersuchen, denn es hatte eine so interessante Farbe. Doch er fand nichts eßbares, nur eine noch frustriertere Frau, die ihn für einen Geier hielt, der das Kreisen aufgegeben hatte und nun sein metallenes Opfer auf nimmer Wiedersehen verschlingen würde. Worauf das Motorrad Mitleid spürte und auch wenn es sich noch nicht an diese Frau da vorne gewöhnt hatte, denn es war immer eine Vereinigung mit einem griechischen Halbstarken eingegangen, war sie ihm sympatisch, sehr sogar, denn sie war außergewöhnlich, eine Frau mit mehr als nur Gas und Gänge im Kopf und es verzieh alle Fahrfehler in diesem Moment und wünschte sich, es könnte helfen, nicht nur dastehen, halbversunken und traurig, sondern rausspringen aus dem Graben, ich verlassen. Und es entschloß sich zum ersten Male in seiner Existenz es zu versuchen, doch es Mißlang.


Sie sah einen kleinen Sprung, einen Hüpfer ihres Motorrades – Einbildung, drehte sich zurück in Laufrichtung und trabte weiter neben ihrem verhaßten Peiniger her, der sie unschuldig anzugrinsen schien – aber er lachte nicht, er fühlte sich schäbig, daneben, insbesondere, als er diesen kleinen Hüpfer des Motorrades sah, fühlte sich erinnert an den Sportwagen, der sich entschlossen hatte nicht ihm zugehören, sondern seinem Bruder, der eigentlich einen Anruf erwartete von seiner Geliebten, die am anderen Ende „Dreck“ rief und den Hörer der Gabel entgegenschleuderte. Ja, er hatte ihn geliehen, wollte nur mal ausprobieren aber irgendwie schien der Wagen ihn zu steuern und irgendwie hatte das Telefon angefangen zu läuten und als er seinen Regentanz vollführte um den Wagen, dachte er daran, daß er keine Chance haben würde seinem machtgierigen Bruder zu erklären, was geschehen war und außerdem wußte er ja nichts von der Frau, die jemand anderen verlassen würde, weil er dieses Telefon im beschleunigen unter den Sitz befördert hatte – trotzdem fühlte er sich mies, schlecht, grausam und ausnutzend, denn zuerst stahl er ein Auto, dann einer Frau, der dies sehr am Herzen hing ein Motorrad und er hatte keine Möglichkeit an sie heran zu kommen, gar keine....


als sie in eine Straße mit einer Tankstelle einbogen, dachte die Zeit, nachdem sie sich unterhalten hatte mit einem Wiesel im Wald und dieses sagte: „Ich konnte nicht widerstehen, nein!“, daß es an der Zeit wäre, wieder einen Sprung auf einen anderen Weg zu versuchen und verließ den Ort für einen Moment, denn warum sollte nicht eine erneute Unachtsamkeit ihrerseits das ganze wieder zum Guten wenden können?


Ein kleiner schwarzer Junge stand einsam auf der Straße und spielte mit seinem ferngesteuerten Auto, daß, wenn auch nicht naturgetreu, dennoch ganz nahe, einem Ferrari nachgebildet war, einem – man sah es nicht genau – aber es mußte ein 450 Maranello gewesen sein in – hmm – blau. Auf der schlecht geteerten Straße hüpfte der kleine Wagen auf und ab und weigerte sich, dem Jungen oder der Fernsteuerung – was zwei verschiedene Dinge sind, zweifelsohne – zu gehorchen, was zur Folge haben mußte, daß entweder die Batterien ausgehen oder das Gefährt aus anderen Gründen stehen bleiben mußte. Die Zeit kam an, als er an einem Stein, der zu groß war für seine Skalierung, hängen blieb und nur noch laut zischte, denn der Junge vergaß in der Aufregung, den Motor abzustellen durch loslassen der Fernbedienung, das heißt dieses Hebels, der die Geschwindigkeit steuert. Sie sah ein Weilchen zu, bis sie sich einredete, daß es genug war und sie wieder zurückkehren konnte, an ihren eigentlichen Ort und sie hoffte innigst, eine Änderung zu sehen. Sie sprang zurück und sah,


wie sich zwei Personen stritten, d.h. eigentlich nur eine Person, die der zweiten scheinbar schreckliche Vorwürfe machte, die dieser stark zu Herzen gingen, sehr stark, denn sie wollte die Zeit zurückdrehen, den Wagen stehen lassen vor seines Bruders Haus und den Schlüssel zurücklegen in die Schublade im Gang. Aber es war, wie es war und es war schlecht. Er würde nie wieder lachen können, würde sich nur noch miserabel vorkommen und sich in sich hineinfressen, wenn er nur diesen Schwall von Vorwürfen der unbekannten aber doch so seltsam reizvollen Frau überleben würde. Hätte er sie nur unter anderen Umständen getroffen, hätte er nur eine Chance etwas zu erwidern, was nicht widerlich klänge. Er bemitleidete sich selbst, als ein Mechaniker des Weges kam und ein Motorrad schob, ein rotes, ungeschorenes Mottorad ohne Unfall ohne Delle im Tank und ohne Matsch an den Reifen. Er brachte es einer Frau, die immer noch wütend auf den Sportwagenfahrer einzureden schien, aber sie sprach ruhig und sachlich: „Wir sehen uns dann morgen im Biergarten.“, was den Fahrer des Sportwagens überraschte, denn sein Wagen stand im Hinterhof und wartete auf ihn. Er mußte der einzige gewesen sein, dem klar war, was passiert ist. Er mußte der einzige gewesen sein, der wußte, daß er in einem Zeitbruch gefangen und wieder entflohen war. Er kannte die Wirklichkeit nicht, wußte nicht, daß es andere Umstände gewesen waren, die ihn hier landen ließen und er würde den wirklichen Hergang der Dinge nicht erfahren. Doch eine Frau kannte nur diesen.


Sie saß auf einer Bank auf einem Parkplatz im Wald und ein Film riß nicht ab, auch nicht, als ein Sportwagen den Parkplatz verließ in Richtung des nächsten Dorfes. Sie machte sich auf, doch irgendwas kam ihr seltsam vor, weswegen sie dachte, daß sie im nächsten Ort eine Tankstelle suchen und nach der Maschine schauen lassen würde, die zu diesem Zeitpunkt beschlossen hatte, daß zwei Menschen sich kennenlernen mußten und deswegen ein wenig keuchte, denn alles passiert, damit einem etwas passiert, nichts kann umsonst sein, nichts.


Im Dorf fuhr sie beinahe in einen Fußgänger, unseren Fahrer, der irgendwie nicht ganz bei Sinnen herumtapste, denn er war ja nicht er selbst, sondern lebte eigentlich in einer anderen Zeit, lief neben einer wütenden Frau her, der er nichts sagen konnte als: „Ja.“, nämlich, als sie fragte, ob er denn morgen Lust hätte auf den Biergarten am Festzelt drüben im Nachbarort. Und sie daraufhin wild erzählte, von ihrer Fahrprüfung und den folgenden Tagen, in denen sie sich entschloß diesen Trip mitzumachen auf dem Motorrad und er dies als eine Fortsetzung der Vorwürfe empfand.


Der Mechaniker brachte die Maschine und sagte sein: „Alles in Ordnung.“, und sie wollte weiter, aber der hatte ein niedliches Gesicht und sie wollte ihn wenigstens wiedersehen: „Wir sehen uns dann morgen im Biergarten.“, aber sehr gesprächig schien er nicht zu sein, dieser Mann.


Ein Sportwagen kam zurück an seinen Ausgangsort, ein Gewissen zurück ins Lot und ein Biergarten zu zwei Gästen mehr, die sich an diesem Tage kennenlernten und die sich sehr nahe waren und noch näher kommen sollten. Der Phantasie der Zeit kann man die rechten Gegebenheiten verdanken. Sie ist es, die uns darben und hoffen, lieben und lachen, träumen und vergessen läßt. Durch sie werden sie Wirklichkeit unsere Träume und mit ihr können sie vergehen. Ein glücklicher Mensch beobachtet die Szene von oben, ein Bussard, der die kleinen Biergartenbesucher wohl unterscheiden kann und der sie aufschrieb diese Geschichte, der den Traum der Menschen verstand und ihn den Menschen zurückgab durch ein Wiesel, daß er schlug, an einem Parkplatz einen Tag zuvor.